Humanitäre Hilfe

Wir alle Leben auf dem gleichen Planeten. Ganz gleich, wer wir sind, können wir in Situationen kommen, in der wir dringend Hilfe benötigen. Dann ist es schön, mitfühlende Menschen auf dem gleichen Planeten zu wissen.

Der Verein iHELP Kassel e.V. wurde im März 2022 gegründet. Den Anstoß gab eine Fahrt mit dem Auto um schnell dort Hilfe zu Leisten, wo es nötig war. Humanitäre Hilfe zu leisten ist eines unserer grundlegenden Anliegen.

Als Kind sagte sich ein jeder noch: Wenn ich einmal groß bin, dann... werde ich die Welt verändern. Diese Zeit ist jetzt. Jede/r einzelne kann dabei helfen, die Welt neu zu gestalten. Unsere Welt braucht euch jetzt!

Sinnbildlich dafür stellen möchten wir hier das Hilfsprojekt von Karl-Wilhelm Steuernagel aus Kassel vorstellen. Karl ist Vereinsmitglied und engagiert sich seit bestehen des Vereins besonders im Bereich der humanitären Hilfe. Inzwischen ist Karl bereits 6 (!) unglaubliche Male mit Sack und Pack losgefahren, um anderen in Not zu helfen.

So etwas geht natürlich nicht ganz alleine!

Daher danken wir hier ganz besonders auch allen HelferInnen, die auf die verschiedensten Weisen an dem Hilfsprojekt beteiligt waren.

Es gibt eine einfache Wahrheit: Wenn wir zusammenhalten und daran glauben, was wir tun, können wir Großes erreichen. Das ist der Grund, warum viele Karl bei seiner Mission, anderen zu Helfen, geholfen haben. 

Wenn DU auch Helfen möchtest, kannst du dich gerne bei uns melden. Ansonsten freuen wir uns auch über eine Spende, um unsere Hilfsleistungen weiter zu finanzieren.

Jetzt wird es aber Zeit, dass Karl Wilhelm selber etwas zu seinen Reisen sagen kann...



Sechs Transporte in die Ukraine


Wir, Karl-Wilhelm Steuernagel und Roland Schacht, sind zurück, und….
was gibt es zu berichten:

Zunächst aber möchten wir von Herzen „DANKE“ sagen, Euch/Ihnen Allen, die uns mit Rat, Tat, Daumendrücken und großzügigen Spenden unterstützt, ja diesen Transport erst möglich gemacht haben!   Zu nennen sind die Freund:innen und Kolleg:innen, die bereitwilligen Helfer von iHELP Kassel, die Geschäftsleitung der Metro, die Zollbeamtin auf dem Zollamt in Kassel, der Staplerfahrer an der Metro, die Damen in der Zollspedition in Ushgorod, die Dame in der Tankstelle in Solotvyno, die „Empfangsdame“, die Köchinnen und die Helfer beim Ausladen in Misto Dobra in Czernowitz. Und diese Aufstellung ist(!)und wäre nicht vollständig ohne Thea und Heike, die uns trotz der volatilen Gefahrenlage unserem Impuls folgen ließen.

Wie hat alles begonnen? Ich habe schon gleich nach Kriegsbeginn mit Evakuierungsfahrten begonnen und Flüchtlinge aus der Ukraine nach Kassel geholt. Hier wurden diese dann von vielen Helfern des Netzwerks von iHELP Kassel e.V. versorgt, untergebracht, ausgestattet, beraten und in Sprachkursen auf das Leben in der für sie fremden Umgebung fit gemacht. Als die erste „Welle“ vorüber war, folgten Fahrten mit dem Schwerpunkt auf medizinischen Hilfsgütern. Deren Beschaffung erwies sich von der Seite der Hersteller als sehr zäh. Einzig

 B.Braun, Melsungen 


war zu einer Spende bereit. Diese Fahrten führten zum Zentralkrankenhaus des Bezirks Transkarpatien in Ushgorod. Hier lernte ich Dr. Ivan Kurakh kennen, den Chefarzt der Chirurgie und Oleksandr Didkivskiy, einen jungen Anästhesisten, der recht gut deutsch sprach, für Dr. Kurakh übersetzte und vieles aus dem Klinikaltag berichtete. Ivan Kurakh versteht ebenso deutsch – er war als junger Arzt bei den sowjetischen Streitkräften in Weissenfels stationiert – er traut sich aber nicht so recht auch deutsch zu sprechen…

Bei der zweiten dieser Fahrten war der mir bis dato nicht bekannte Prof. Dr. Michael Richter aus Röttenbach mit mir unterwegs, seines Zeichens ein großer Reisender und emeritierter Professor der Geologie. Eine wundervolle Begegnung! Und natürlich jede Menge Gesprächstoff… Das Vergnügen mit ihm und seiner Gemahlin Irma zusammenzutreffen hält seither an! 

Die nächste Tour führte mich zum ersten Mal seit Kriegsbeginn nach Czernowitz. Diesmal allein in meinem Sprinter plus schwerem Anhänger. Oft war ich bereits in Friedenszeiten hier im alten „Jerusalem an der Pruth“, der Hauptstadt der Bukowina und ehem. Kronland der österreichisch-ungarischen Monarchie. Rose Ausländer, Paul Celan und Wilhelm Reich lebten hier, es gab einst über 100 regelmäßig erscheinende Zeitungen in 26 Sprachen, der alte Friedhof kündet vom reichen jüdischen Leben bis zur Katastrophe des Holocausts. Ein Ort reicher Geschichte und Geschichten (Herr Zwilling und Frau Zuckermann), der Kultur (Arthur Rubinstein) und des Zusammenlebens vieler Ethnien. Ein Ort den ich immer wieder ehrfürchtig und demütig aufsuche.

Und hier ist auch „Misto Dobra“ entstanden, ein „Ort des Guten“. Um 2015 bereits begann Marta Levchenko, die Initiatorin, mit dem Aufbau eines Frauenhauses wie wir es bei uns nennen würden. Im Zuge der jüngsten Ereignisse wurde daraus ein Krisenzentrum, welches über 500 Frauen, Kindern, Waisen, alten und behinderten Menschen ein Obdach gibt. Mehr Einzelheiten dazu in meinem Bericht über „Misto Dobra“ vor einigen Monaten auf Facebook und im Web Stichwort:

 

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Misto Dobra!


Hier fehlt es an Vielem. Waren anfangs eher Kleidung, Spielsachen und Infrastrukturelemente wie Kinderbetten, Bettzeug und Hilfsmittel wie Rollatoren und Rollstühle dringend vonnöten, stellte später die Versorgung mit Lebensmitteln für die stark angestiegene Anzahl von Bewohnern die größte Herausforderung dar.
Auf der Rückfahrt vom fünften Transport, diesmal bereits gemeinsam mit Roland, fassten wir den Entschluss noch ein sechstes Mal zu fahren, dieses Mal fast ausschließlich mit Lebensmitteln – wenn denn hierfür ausreichend finanzielle Zuwendungen zu erbitten wären. Lebensmittel im Wert von etwa 9.000 €uro planten wir transportieren zu können. Ab einem Ergebnis von 7.000 €uro wollten wir aufbrechen. Das erschien uns zu den Kosten der Fahrt, welche wir selber tragen, in einem vertretbaren Verhältnis zu stehen. Anfangs sah es lange nach einem betrüblichen Ergebnis unserer verschiedenen Initiativen aus, aber dann…:

16.626 €uro 

sind zusammengekommen!


Und damit eine neue Herausforderung. Mit meinem Sprinter plus Anhänger war deren Gegenwert nicht zu transportieren, zumal die Metro auch preislich sehr entgegenkommend war. Ein zweites Fahrzeug war schnell gefunden. Ein weiterer Fahrer nicht. Roland könnte mit seinem Passat mit großem Doppelachshänger fahren und unterwegs mit mir im Sprinter nächtigen. Für den Konvoi fehlte nur ein weiterer großer Hänger. Um den mieten zu können musste die Fa. Anhänger-Kassel erst einmal einen Plattform-Doppelachshänger mit 4 m Ladelänge neu erwerben und diesen dann mit Spriegel und Plane ausrüsten, zulassen und eine internationale Versicherungskarte besorgen. Ein gewaltiges Unterfangen zwischen Weihnachten und Neujahr und Betriebsferien aller Hersteller. Aber: es hat geklappt. 

Vielen Dank Herr Pohl!


Am 11. Januar war es dann soweit: Verladung. Bei der Metro standen elf Paletten, fertig kommissioniert und mit Plastikfolie umwickelt bereit. „Mit Ruhe und Gemütlichkeit“ – und einigen Anläufen – verstaute der Staplerfahrer alle auf den beiden Hängern. Dann ging es zusammen mit Paul Winter und Michael Leymann nochmal in die Metro. Vier überbordende Einkaufswagen voller Konserven und Windeln (es waren tatsächlich hernach keine mehr dort vorhanden) dienten dazu die verbliebenen Lücken zu stopfen. Tatsächlich führte natürlich nicht nur das zu einer erheblichen Last. 

Am nächsten Morgen ging es dann zur Zollspedition um die Ausfuhrpapiere erstellt zu bekommen. Eine herbe Enttäuschung kombiniert mit unsäglichem Hochmut. Roland stand mit offenem Mund dabei, ich fasste mich schnell und reaktivierte alle gute Erziehung seitens meiner Mutter um diese Geister umzustimmen. Nachdem wir alle Ladelisten neu geschrieben und neu gruppiert hatten konnten wir dann am Nachmittag doch noch unsere Ladepapiere zum Zollamt tragen. 

Dort löste eine freundlich-mütterliche Zollbeamtin auch die durch falsche Deklaration der Zollagentur entstandenen Probleme rund um die Aprikosen in unserer Ladung. Die waren tatsächlich in Hälften in großen Konserven, was ihnen die Begasung ersparte und den 

auf Aprikosen ansässigen Spinnen, 


von denen einige Arten unter Artenschutz stehen, den sicheren Tod gebracht hätte, was wiederum dem Zollamt Kenntnis eines Vergehens gebracht und dieses gehindert hätte dem Export in Länder außerhalb Weißrusslands und der Krim eine Genehmigung zu erteilen. Eine Fortbildung sondergleichen…

Am Abend konnten wir dann endlich abreisen. Bis Dresden kamen wir noch, am nächsten Tag dann via Prag und Brünn bis zur Hohen Tatra. Am Samstag ging es über Kosice zur EU-Aussengrenze bei Ushgorod. Da wir nurmehr vier Lastwagen vor uns sahen reihten wir uns ein und waren nach vier Stunden in der Ukraine. Den Abend nutzten wir noch bis Solotvyno an der Theiß zu fahren, wo uns die nette Dame an der Tankstelle sogleich wiedererkannte und uns mit Hot Dogs beglückte. Hier schliefen wir relativ sicher, da die Grenze zu Rumänien nur 100 Meter entfernt in der Flussmitte der Theiß liegt. 

Gut ausgeschlafen 


ging es den Fluss entlang dem Jablunytsia-Pass über die Karpaten entgegen. Auffallend waren die neuen drei Rollen Nato-Stacheldraht längs der Straße und die mehrfachen Stopps zwecks Kontrolle ob männliche Personen ukrainischer Nationalität an Bord wären. Dies offensichtlich wegen der vielen Versuche ob der Wehrpflicht ins benachbarte Rumänien zu gelangen, was auch mehrfach mimische Bestätigung fand. Durchaus befremdlich.
In der Nähe der Passhöhe bei Jasinya und des Hoverla (höchster Berg der Ukraine) genossen wir für zwei Stunden die einzigen Sonnenstunden und schönen Ausblicke unserer siebeneinhalbtägigen Fahrt. Bei Abstieg vom Karpatenrücken hatte ich, während ich im Schritttempo um die Löcher in der Dorfstrasse kurvte, ein tief beeindruckendes Erlebnis. Eine Bäuerin am Straßenrand stehend erblickte mein Gefährt und offenbar auch das an der Frontscheibe befestigte Schild „гуманітарний транспорт – Humanitärer Transport“, schlug mit der Hand ein Kreuz, begann zu weinen und presste ihre rechte Hand auf ihr Herz. Was mag Sie empfunden haben? Welch´ Schmerz durchfuhr Sie? Fragen die mir noch heute durch den Kopf gehen…

Wir übernachteten noch einmal (in einem dichten Wald) 60 km vor unserem Ziel und fuhren dann im Morgennebel zunächst zu einem Postamt um den im Auftrag mitgenommenen Generator auf seine Zielgerade gen Vinnytsia zu befördern. Das klappte zügig und so kamen wir schon vor elf Uhr in Misto Dobra an. Wir wurden von der „Empfangsdame“ sehr herzlich begrüßt. In den nächsten dreieinhalb Stunden war das Ausladen angesagt. Zwei männliche Helfer fanden sich ein, dennoch war´s eine rechte Anstrengung die gut sechs Tonnen Lebensmittel ohne Gabelstapler einzeln abzuladen. Ich glaube wir sahen danach etwas geschwächt aus. Zur Belebung reichte man uns noch ein Mittagessen mit u.a. Fischkuchen, den ich durchaus in Erinnerung behielt. 

Dann stand der Rückweg an. 


Ohne Last ging es deutlich flotter über die Berge (die langen Gefällstrecken und die vielen Löcher waren aber die größere Herausforderung auf dem Hinweg gewesen!). Am späten Abend erreichten wir wieder „unsere Tankstelle“. Am Morgen ging es dann über die alte Holzbrücke (2,5 to) auf die rumänische Seite der Theiß. Hier gibt es keine LKW-Abfertigung (sic!) und daher geht es schneller als bei der Einreise in die EU Richtung Kosice, wo die Schlange dann schon eher neun Stunden Wartezeit bedeutet. Durch ein Zipfel Rumäniens und einen eben solchen Ungarns gelangt man über die Zempliner Berge ebenfalls in die Slowakei und wir am Abend sogar noch bis zur tschechischen Grenze vor Brünn. Der letzte Tag dieser Reise (?) führte dann über Brünn und Prag wiederum nach Dresden, wo unsere Wege sich trennten und Roland gen Celle fuhr und ich mich gestärkt durch einen heißen Tee bei Paula Huchting durch den Schnee nach Kassel kämpfte. Recht erschöpft trafen wir noch am Abend zuhause bei Thea bzw. Heike ein. 

Fazit: Essen für erheblich viele Menschen. Ein erfolgreicher Transport ohne Schäden oder Ausfälle. Wiederum eine wirklich gute Zeit mit Roland. 
Die bedrückende Situation können wir nicht verändern. Die depressive Stimmung tragen wir nach wie vor in uns. Gesehen haben wir halb verwaiste Dörfer, abgestumpfte Menschen an Bushaltestellen, Stacheldraht wo er m.E. nicht hingehört, Friedhöfe voller frischer Gräber, Plakatwände mit Konterfeis derer die nicht mehr zurückkehren werden…

Ausblick gesamtgesellschaftlich: kein Ende des Krieges absehbar geschweige denn zu erahnen.



Ausblick privat: für mich steht nach Ostern eine sechsmonatige Reise mit meinem Sprinter durch die Länder und Landschaften Zentralasiens auf dem Plan. Der Pamir ruft…


Wollt ihr mehr über die Eindrücke auf den Reisen von Karl-Wilhelm erfahren? 

Unter folgendem Link stehen alle Fahrtberichte zum Download zur Verfügung.